20.01.2016

Eröffnung AM-Factory Erstes zugelassenes Unternehmen für 3D-Seriendruck im Flugzeugbau

Am 20. Januar konnte Premium AEROTEC am Standort Varel die umgebaute Halle 35 als erste Fabrik für additive Fertigung im Unternehmen feierlich eröffnen.

Die Gäste des Events konnten am 20. Januar gleich mehrfach staunen: Zukunftsweisende Technologie, eine Messe mit Premium AEROTEC-Partnern und sogar atemberaubende Seilakrobatik wurde ihnen in Halle 35 geboten. © Premium AEROTEC / Désirée Warntjen

Die Partyzelte waren noch nicht ganz abgebaut, da meldeten sich bereits Fernsehteams verschiedener TV-Sender (NDR2, RTL, Deutsche Welle) und Pressemedien an, um ausführlicher über das 3D-Drucken zu berichten. Die Berichte sind noch in den Mediatheken der TV-Sender zu finden.

Doch vor allem in der Luftfahrtindustrie findet das technologische Vorpreschen von Premium AEROTEC sehr große Resonanz. Im Februar verging nahezu kein Arbeitstag, an dem nicht interessierte Zulieferfirmen und mögliche neue Kunden nach Varel kamen, sogar von der anderen Seite des Atlantiks. Sie informierten sich über den Stand des Fortschritts im 3D-Drucken von Strukturbauteilen und loteten Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit aus.

Doch was ist der aktuelle Stand bei der Industrialisierung des 3D-Drucks durch Premium AEROTEC?

Von entscheidender Bedeutung für die Lieferung der ersten Serienteile war die Zulassung der Betriebsstätte „Technologiezentrum Varel“ (TZV) und die Aufnahme des „gedruckten Vent Bend“ in die sogenannte Fähigkeitenliste von Premium AEROTEC in Varel durch das Luftfahrt-Bundesamt (LBA).

Nachdem das LBA über mehrere Monate die Aktivitäten von Premium AEROTEC beobachtet, kommentiert und mit den Premium AEROTEC-Fachteams diskutiert hatte, bestand das Unternehmen am 17. Februar das Audit. Mit Abschluss der FAI-Prüfungen an allen Varianten des Vent Bend ist dieser außerordentliche Meilenstein erfolgreich abgeschlossen:

Premium AEROTEC ist der erste luftfahrtzugelassene Herstellbetrieb, der das 3D-Drucken für ein Bauteil qualifiziert hat und es in Serie herstellen darf!

Das erste Shipset (ein Shipset besteht aus jeweils sechs Vent Bends) ist bereits nach Augsburg versandt worden, wo die Untergruppenmontage kleine Baugruppen aus den gedruckten Teilen herstellen. Im März konnte das Set mit einer EASA Form 1 an den Kunden Airbus Defence and Space ausgeliefert werden: READY FOR FLIGHT.

 Mittlerweile wird bereits an der Komplettierung des zweiten Shipset gearbeitet, und parallel läuft auf dem Drucker im TZV die Serienfertigung des dritten Shipset. Dabei wird es für das AM-Team nun darum gehen, wirkliche Serienreife herzustellen und zügig weitere Optimierungen in die Abläufe einzubringen – schließlich müssen die gesammelten Erfahrungen auch für zukünftige Bauteile von Premium AEROTEC nutzbar gemacht werden, um den technologischen Vorsprung kontinuierlich auszubauen. Eine wesentliche Rolle übernimmt bei der Absicherung der technologischen Führerschaft das Engineering von Premium AEROTEC. Nachdem Premium AEROTEC nun Bauteile herstellen kann, an die man früher nicht zu denken wagte, fließen jetzt die neuen Möglichkeiten in die Optimierung von Bauteilen und Baugruppen ein.

Ein Beispiel aus dem A400M-Treibstoffsystem: Die aktuelle Baugruppe besteht aus 145 Einzelteilen, von verschweißten Gussteilen bis zu einfachen Normteilen. Durch die innovativen Ideen des Engineering bei Premium AEROTEC entsteht eine neue Baugruppe, in der 95 Einzelteile durch einen einzigen 3D-gedruckten T-Fitting ersetzt werden. Die erwartbaren Kostenersparnisse im Herstellpreis durch die Einführung des 3D-Drucks und intelligente Designansätze belaufen sich auf 20 bis zu 40 Prozent.

Bislang beruht die Qualifikation des 3D-Druckens auf einer bauteilspezifischen Qualifikation des A400M Vent Bend. Die Freigabe des LBA bezieht sich zunächst nur auf genau diese 5 HTZ und deren Druck auf der 1-Laser-Anlage im TZV. Dies war natürlich der erste große Meilenstein, um die additive Fertigung als serienreifes Verfahren für Flugzeugstrukturen einzuführen. Viele weitere Maßnahmen sind notwendig, um das Verfahren nun zur industriellen Serienreife zu führen und die internationalen Luftfahrtbehörden EASA und FAA von der Tauglichkeit des Verfahrens zu überzeugen. Gemeinsam mit Airbus ist Premium AEROTEC in die allgemeine Prozessqualifikation gestartet, das heißt, die Qualifikation des 3D-Druck-Prozesses unabhängig von einem speziellen Bauteil oder bestimmten Maschinen.

 Folgende weitere Meilensteine sind zur Zeit angestrebt:

  •  Bis Ende April sollen die Maschinen in Halle 35 abgenommen und eine komplett überarbeitete Prozessdokumentation verfügbar sein, so dass dann in einem weiteren Audit das LBA die Betriebsstätte Halle 35 für die additive Fertigung freigibt.
  •   Im Mai wird die nächste große AM-Anlage, eine X-2000 R der Firma Concept-Laser, geliefert. Diese Maschine hat den derzeit größten Bauraum aller Laser-Pulverbettanlagen und ist mit zwei 1kW-Lasern ausgestattet.
  •  Bis Ende Juni soll die allgemeine Prozessqualifikation mit Airbus abgeschlossen sein. Diese Qualifikation deckt alle statisch belasteten Strukturbauteile ab und mündet in die Erstellung einer AIPI – einer allgemeinen Airbus-Verfahrensvorschrift zum 3D-Drucken.

Angebote erstellen, Maschinen in Betrieb nehmen, neue Maschinen spezifizieren und beschaffen, Halleninfrastruktur erweitern, Dokumente überarbeiten und erweitern, und vieles mehr: Die Industrialisierung der additiven Fertigung schreitet dank des hochmotivierten Teams rasch voran.

Urheberrechtliche Quelle: „INSITE“ Premium AEROTEC Varel & Bremen, Ausgabe 01-2016 / Autor: Dr. Thomas Brockhoff